Der durchschnittliche Mensch einer westlichen Gesellschaft nimmt sich was vor. Im Leben, im Beruf, zu Neujahr, zur Fastenzeit. Letzteres tue ich auch, obwohl ich gar nicht in irgendeinem religiösen Zyklus sozialisiert bin. So wie ich auch Weihnachten feiere, obwohl ich nicht wirklich die Geburt Jesu Christus als etwas feiere, was meinem Leben ein wirklich tieferen Sinn gäbe. Nicht dass ich die Geschichte von Jesus Leben in Frage stelle oder sie nicht ganz wunderbar fände und es ganz richtig finde, meinen Kindern diese Geschichte wieder und wieder zu erzählen und sie mit dem Geist der Geschichte aufwachsen zu lassen.
Mir etwas vorzunehmen, was ich für einen begrenzten Zeitraum mit aller Konsequenz durchziehe, mache ich deshalb, weil es sich toll anfühlt, den inneren Schweinehund zu überwinden, auf mich stolz zu sein und stark zu sein. Zudem hat es meist einen tollen Nebeneffekt, denn meist geht es ums Nichtessen und Abnehmen. Danach ist man dann ein, zwei, drei oder mehr Kilo los an Stellen, an denen diese Kilos sich nicht gerade attraktivitätssteigernd angelagert haben. Mittlerweile kenne ich einige, die auf Fernsehen fasten. Auch das ist toll, denn dann verplempert man für einen begrenzten Zeitraum keine Lebenszeit mehr. Meine Nachbarn spielen wieder zu zweit und haben Spass dabei. Das hatten sie schon fast vergessen. Aber zur Fastenzeit entdecken die Menschen Wahrheiten, die verschütt gegangen sind, logische Zusammenhänge, die man weiß, aber aufgrund von einfachen Zerstreuungen der Medienmächte vergisst. Für die Zeit zwischen Ostern und Aschermittwoch des nächsten Jahres.
Wisst Ihr noch, was Ihr Euch zum Jahresbeginn vorgenommen habt? Deine Antwort hängt sicher davon ab, wann Du diesen Beitrag liest. So im Januar weiss ich meine Vorsätze immer noch ganz gut. Sie haben auch meistens was mit gesunder Ernährung, Gesundheit und Sport zu tun. Auch diesen Regeln verpflichte ich mich, um mich besser zu fühlen danach. Dabei ist es manchmal echt schwer. So morgens früher aufstehen, um Frühsport zu betreiben ist nicht wirklich mein Ding, aber wenn ich’s durchgezogen habe, fühle ich mich großartig. Der Tag ist länger und ich fühle ich viel schneller lebendiger als an Tagen, die ich mit Frühstück und langsamen Aufwachen in den Tag starte. Im Mai kann es sein, dass die Vorsätze schon lange keine Präsenz mehr haben und die Erinnerung an sie verblasst sind.
Vorsätze, die ich mir ab dem 1. Januar eines jeden Jahres vornehme, sind anders als die in der Fastenzeit. Die sind vom Nichtstun getrieben, vom Lassen von Nahrung und Tätigkeiten, die einem nicht gut tun. Die vom Neujahr haben was mit Struktur und mit dem Tun zu tun. Meist mit einer Struktur, die sich mir nicht instinktiv aufdrängt, sondern einer, die ich mir setzen muss, damit sie passiert. Sie passiert nicht von allein. Sie passiert nur, weil ich mir etwas vornehme zu tun, was mein weder mein Körper oder mein freier Wille von allein tut. Es ist Vorsatz. Vorsätzlicher Wille. Aber ein guter. Und auch einer der mir so lange gut tut, bis mein freier Wille wieder durch kommt und denkt, bleib liegen. Ist auch schön und tut auch gut. Aber erst ab Ostern. Vorher ist blöd, wenn man dem Schweinehund nachgibt, denn das fühlt sich definitiv nicht gut an. Und ich so, als durchschnittlicher Mensch einer westlichen Gesellschaft nehme mir was vor, damit ich mich gut fühle. Zumindest zwischen Aschermittwoch und Ostern. Und mit ein bisschen Glück, habe ich mich an meine neue Struktur gewöhnt und es dauert noch ein bisschen länger. Und spätestens wenn die Bikinisaison vor der Tür steht nehme ich mir wieder was vor. Und das ist ja quasi den ganzen Sommer aktuell. Also ab jetzt: keine Kohlenhydrate nach 18 Uhr. Und was machst du so?